Schaffe ich Gerechtigkeit, wenn ich in meiner Führung alle gleichbehandle?
Es ist wichtig zu verstehen, dass Gleichbehandlung ein objektives Konzept aus der Ich-Perspektive ist. Es beschreibt, WAS und WIE ich es tue. Dieses „WIE“ ist objektiv beobachtbar: Ich weise jedem Mitarbeiter den gleichen Arbeitsanteil zu oder schenke jedem dasselbe Maß an Zuwendung. Gleichbehandlung ist daher relativ einfach.
Gerechtigkeit ist komplizierter, weil sie auf subjektiven Einschätzungen verschiedener Beteiligter basiert. Eine Metapher dazu ist, sich jeden Mitarbeiter als Gefäß vorzustellen. In diese Gefäße kann ich entweder Belastungen (Arbeitslast) oder Zuwendungen (Wertschätzung) füllen. Doch was bestimmt die subjektive Wahrnehmung von Gerechtigkeit?
1. Die Größe des Gefäßes:
Die Belastbarkeit und Bedürftigkeit der Mitarbeiter kann variieren. Die Gefäße können unterschiedlich groß sein.
2. Der bereits vorhandene Füllstand:
Die Gefäße sind selten leer. Alles, was du hinzufügst, kommt zu etwas bereits Vorhandenem hinzu.
3. Die Perspektive:
Eine Zugabe von Belastungen oder Zuwendungen wird aus Sicht des Gegenübers oft unterschiedlich wahrgenommen. Bsp: Wenn jemand genügsam ist, möchte diese Person ggfs. für ihre Genügsamkeit geschätzt werden und nicht weniger Zuwendungen erhalten als jemand, der sie aggressiv einfordert.
4. Der Entwicklungsgrad des Bewusstseins:
Wie reif sind die Persönlichkeiten, die beteiligt sind? Wie gut können sie nach innen schauen, anstatt sich mit anderen zu vergleichen?
Da Gleichbehandlung selten als gerecht empfunden wird, hier meine Tipps für Führungskräfte:
1. Berücksichtige die unterschiedlichen Fähigkeiten, Belastbarkeiten und Bedürfnisse deiner Mitarbeiter.
2. Achte auf die „Gefäßgrößen“, bevor du etwas verteilst.
3. Überprüfe den Füllstand der Gefäße, bevor du etwas hinzufügst.
4. Wenn du den Füllstand nicht erkennen kannst, weil das „Gefäß undurchsichtig ist“, frag nach!
5. Vermeide Extreme: Gib den sehr Bedürftigen nicht zu viel und den genügsamen Mitarbeitern nicht zu wenig. Belastbare Mitarbeiter sollten nicht mehr Arbeit bekommen, und Leistungsschwächere sollten nicht immer verschont bleiben.
6. Hilf denjenigen, die unzufrieden sind, sich weiterzuentwickeln, indem sie sich mit passenderen Vergleichspunkten messen, die nicht Neid oder Missgunst wecken. Unterstütze sie, die nächste Entwicklungsstufe zu erreichen und sich ganz vom äußeren Vergleich zu lösen. Schon der Philosoph Søren Kierkegaard sagte: „Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.“
In diesem Sinne zitiere ich gerne den Exminister Dr. Thomas Goppel – oder vielmehr seine Mutter – mit ihrem pädagogischen Prinzip:
„Jedem das Seine und keinem das Gleiche.“
Wie gehst Du mit Gleichbehandlung und Gerechtigkeit in Deiner Führung um?
Gerechtigkeit Gleichbehandlung Persönlichkeitsentwicklung esteamacon