Kennst Du das Gefühl? Monatelange Planung, detaillierte Projektpläne – und am Ende fehlt die Zeit für die eigentliche Umsetzung? Du steckst fest im Planungsmodus, verlierst den Blick fürs Wesentliche und die Motivation Deines Teams schwindet? Viele Teams, besonders in größeren Unternehmen, neigen zu übermäßiger Planung. Doch das kann kontraproduktiv sein, besonders in schnelllebigen Märkten, in denen neue, auch externe Einflüsse detaillierte Pläne während der Laufzeit wertlos machen. Exzessive Planung wird so schnell zur Zeitverschwendung und blockiert den Fortschritt – wertvolle Ressourcen werden unnötig gebunden. Wenn am Ende Termine nicht eingehalten werden, wurde meist nicht am Ende die Zeit knapp, sondern häufig hat man schlicht zu spät angefangen.
Aber Vorsicht: Auch überstürztes Handeln (nehme ich häufig in amerikanischen Projekten wahr) ohne ausreichende Vorbereitung kann fatale Folgen haben. Unzureichende Planung führt oft zu unnötigen Korrekturen und Nacharbeiten, was letztendlich mehr Zeit und Ressourcen kostet als eine gründlichere Vorbereitung.
Deutsche planen, Amerikaner handeln“. So könnte der Autor seine Erfahrungen mit internationalen Teams zusammenfassen. Im Vergleich von 10 internationalen Teams waren die kulturellen Unterschiede gerade zwischen Deutschland und USA zu diesem Thema mit die größten.
Unterschiede nach Geografie und Unternehmensgröße
Gib einem deutschen Team in einer großen Firma einen großen Projektauftrag, dann werden Strukturen gebildet, eine Findungskommission gegründet, ein Klärungsauftrag vergeben, Kern- und erweiterte Teams gegründet, Soundingboards berufen, Steuer- und Arbeitskreise definiert, Beiräte integriert, eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, ein Projektplan bis Gliederungstiefe Ebene 8 erarbeitet … selbst dann, wenn es sich nicht um eine Flughafenkomplexität handelt.
Gib einem amerikanischen Team einen Projektauftrag, dann verlassen alle Mitglieder den Raum und jeder arbeitet noch am selben Tag an dem, wovon er glaubt, dass es seine Teilaufgabe ist.
Interessanterweise verändert sich diese Feststellung in Deutschland mit kleineren Firmengrößen, wo gerne auch mal zu wenig geplant wird. Dort wäre der hilfreiche Apell eher: Gehe nicht auf eine Reise ohne zumindest minimale Reisevorbereitungen.
Die Balance machts
Für unterschiedliche Kulturkreise und Unternehmensgrößen gilt: Es ist schwer zu sagen, welches Modell das bessere ist. Jedes ist in einer extremen Variante dysfunktional. Denn Teams mit Zug zur Ausführung produzieren relativ schnell sichtbare Effekte und Erfolge, während Teams mit Planungsaffinität noch ihr Projektmanagement-Handbuch schreiben. Aber wehe, du justierst bei den Schnellstarter-Teams nicht schnell nach, dann gehen diese im Universum in kurzer Zeit so verloren, dass sie kaum mehr zu finden sind. Bei den planungslastigen Teams sind lange keine echten Erfolge und Effekte zu sehen, aber Achtung, wenn sie in die Ausführungsphase gehen! Dann legen sie eine Disziplin und Unnachgiebigkeit an den Tag, mit der sie schnell viele „Rückstände“ aufholen und dann in kurzer Zeit überkompensieren – wenn noch genügend Zeit ist. Leider wird es gegen Ende oft problematisch, nicht weil die Projekte zu früh enden, sondern weil die Ausführungsphase zu spät begonnen wurde.
Die Regel Benedikts
Mehrere Aspekte waren Benedikt in diesem Kontext wichtig: Benedikt ist das rechte Maß ein besonderes Anliegen, ja er nennt es sogar „die Mutter aller Tugenden“ (RB 64,19). Und da er in Bezug auf das Artikelthema auch sagt: „Jetzt müssen wir laufen und tun, was uns für die Ewigkeit nützt“ (RB Prolog 44), darf man den Apell zum rechten Maß sicher auch auf die Balance von Planung zu Ausführung deuten. Und wenn es dann ums Tun geht, ist das Vorleben durch den Abt besonders wichtig: „Der Abt zeige mehr durch sein Beispiel als durch Worte, was gut und heilig ist“ (RB 2, 12).
Moderne Führung
Jede Aufgabe hat ihre spezifisch sinnvolle Verteilung von Zeit, Energie und Ressourcen zwischen Planung und Ausführung. Eine der Aufgabe unangemessene Überbetonung der Planung oder auch der Ausführung führt zu einem schlechteren Gesamtergebnis. Das Problem an dieser Erkenntnis ist, dass dieser Idealpunkt nicht offensichtlich ist, besonders nicht im Voraus.
Wichtig ist hier, kulturelle Gewohnheiten zu kennen, zu erkennen und in die Überlegungen mit einzubeziehen. Gerade an planungslastige Teams lautet also der Appell: Bemüht euch, schneller ins Tun zu kommen. Daneben verschieben sich heute vielfach die Randbedingungen so, dass der Bedarf nach mehr Agilität wächst, was meist auch positive Motivationseffekte auf die Beteiligten hat.
Agilität
Die Welt um uns herum und damit unsere Kunden und Märkte ändern sich rasend schnell und diese Veränderungsgeschwindigkeit nimmt weiterhin zu. Wir sprechen hier von der sogenannten VUCA-Welt (volatile, uncertain, complex, ambiguous) ohne sie hier näher zu erklären. Jedenfalls war früher eine fundierte Planung ein wichtiger Erfolgsfaktor, solange der Absprungpunkt A und auch der Zielpunkt B völlig klar waren. Heute nimmt aber die Anzahl der Projekte rapide zu, bei denen das Ziel am Anfang des Projektes noch gar nicht ganz klar formuliert werden kann und manchmal ist sogar der Absprungpunkt unklar. In diesem Fall wird exzessive Planung zur Zeitverschwendung und zum Risikofaktor. Vielmehr braucht es einen agilen, anpassungsfähigen Prozess, der in einer groben Arbeitsrichtung beginnt und dann während der Reise aus den gemachten Erfahrungen die Route neu kalkuliert und das Ziel kontinuierlich immer klarer werden lässt.
Um das Titelbild und seine Metapher aufzugreifen: Niemand würde bei einem 2-Stunden-Abendessen die Speisekarte 90 Minuten lang studieren. (Und wer ohne Studium von wenigstens der Wochenkarte sofort sein Menü bestellt, läuft Gefahr, großartige Möglichkeiten zu verpassen.)
Das Glück liegt im Fortschritt
Ein weiterer Grund, der für planungslastige Teams für eine schneller startende Ausführung spricht, ist unsere Motivationsstruktur als Spezies. Das Erreichen eines Ziels finden wir schon toll, aber in vielen Fällen hält das nicht lange vor. Viele Spitzensportler sind gute Beispiele dafür: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Nach der Weltmeisterschaft ist vor der Weltmeisterschaft. Was uns aber fast alle enorm motiviert, ist der Fortschritt, die Feststellung, dass heute etwas schon besser ist als gestern. Gestern acht Liegestütze, heute zehn und morgen elf. Diese Erkenntnis führt zu dem verbreiteten Mantra „always better – never perfect“. „Lieber besser als perfekt“, schon alleine deshalb, weil Perfektion auch philosophisch ein schwieriges Konstrukt ist. Ein wichtiges Mantra scheint hier auch zu sein „Progress equals happiness“ – „Das Glück liegt im Fortschritt (oft mehr als im Ziel)“.
Vorbild
Gewähren wir mit „Vorbild“ und „Empowerment“ noch zwei weitere Aspekte etwas Aufmerksamkeit, die zwar nicht unmittelbar mit der Balance zwischen Planungs- und Ausführungszeit zu tun haben, aber sofort wirksam werden, wenn der Startschuss gefallen ist.
Die anfangs genannte Regel Benedikts für den Abt wird durch eine andere Persönlichkeit wunderbar verstärkt: Albert Einstein sagt: „Vorbild zu sein ist nicht das Wichtigste, wenn wir Einfluss auf andere nehmen wollen. Es ist das Einzige.“
Empowerment
Im alten Führungsmodell galt: Eine höhere Instanz plant und eine untergeordnete Instanz führt aus. Heute gilt: Eine höhere Instand zeigt eine attraktive Vision und das Ziel auf und die ausführende Instanz plant selbst. Das erfordert Empowerment, das der untergeordneten Instanz dabei hilft, ins Handeln zu kommen. Dafür müssen die empowerten Mitarbeiter die Aufgabe erledigen wollen, dürfen und können. Das ist aber in vielen Fällen nicht automatisch gegeben. Damit sich das einstellt, gibt es Mitwirkungspflichten der höheren Instanz. Da dieser Aspekt eminent wichtige und gleichzeitig in der Praxis häufig problembeladen ist, widmen wir uns diesem Thema vertieft in separaten Posts und Artikeln in unserem Profil.
Zusammengefasst unsere 4 Tipps, wie Du die richtige Balance findest?
1. Sieh dir die gesamte zur Verfügung stehende Zeit an und entscheide dann weise, wieviel % davon sinnvoll in die Planung investiert werden sollte, bevor tatsächlich etwas passiert.
2. Plane nur das Wesentliche, dann handle! Verlasse Dich nicht nur auf den ursprünglichen Plan, sondern integriere laufend neue Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem laufenden Prozess.
3. Setze auf kurze Lernzyklen und agile Methoden. Fokussiere Dich auf den Fortschritt – Fortschritt macht glücklich!
4. Stelle Deine Vision klar dar und gib Deinem Team die nötige Entscheidungsfreiheit (Empowerment). Und vertraue auf deren Können! So schaffst Du Raum für Innovation und kreative Lösungen.
Wir selbst achten auf die Balance
Wir selbst achten in unseren Projekten auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Planen und Handeln. Wir planen das Notwendige und drängen in die Praxis. Wir achten also auf neue Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem laufenden Prozess und nutzen diese zur Nachjustierung bzw. Weiterentwicklung auf planerischer und handelnder Ebene in kurzen, schnellen Lernzyklen.
Wie man sieht, sind die alten Regeln bei einer Übersetzung in unsere aktuelle Welt und unseren heutigen Sprachgebrauch so aktuell wie nie und eine zukunftsgerichtete Orientierung für eine Gesellschaft, in der wir gerne leben wollen.
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