Empowerment ist in aller Munde, doch in der Praxis scheitert es oft. Führungskräfte sind meist dazu bereit und auch viele Mitarbeitenden wünschen sich mehr Eigenverantwortung – und trotzdem klappt es oft nicht. Woran liegt es und wie kann Empowerment zum gewünschten Erfolg führen?
Empowerment bei den Benediktinern
Empowerment ist kein modernes Konzept – bereits die frühen Benediktiner lebten und praktizierten ähnliche Formen der partizipativen Führung und föderalen Strukturen, allerdings ohne den heutigen Begriff zu verwenden.
Ihr Modell, das auf einer gemeinsamen Vision, Respekt vor individuellen Beiträgen und der Berücksichtigung unterschiedlicher Perspektiven beruht, zeigt, dass Verantwortung und Entscheidungsbefugnisse auch ohne stark hierarchische Machtstrukturen effektiv verteilt werden können. Im Gegensatz zu vielen heutigen Unternehmen, die oft noch stark hierarchisch organisiert sind, setzen die Mönche auf Dezentralisierung und Teilhabe.
Zum Beispiel ist bei den Benediktinern der Abtprimas kein Generaloberer mit echten Machtbefugnissen wie in anderen Orden. Er kann die globale Gemeinschaft „nur“ mit natürlicher Autorität führen. Diese „Machtlosigkeit“ ist aber gleichzeitig seine Stärke. Denn das Fehlen von Macht bedeutet nicht, dass es keine Führung gibt. Jede Gemeinschaft braucht schließlich Entscheidungen. Sie speist sich nur aus anderen Quellen wie z.B. Respekt, Kompetenz, natürlicher Autorität, Gefolgschaft. Das ist auch eine Stärke, denn das erfordert Führung durch eine gemeinsame Vision und gemeinsame Zielbilder und ermöglicht sehr viel Berücksichtigung von lokalen u.a. kulturellen Unterschieden, die als andersartig aber nicht als anderswertig empfunden werden.
Deren lange Tradition (1.500 Jahre!) auch und gerade in der Globalisierung unterstreicht die Wirksamkeit des Prinzips und seine Übertragbarkeit auf moderne Herausforderungen im Management. Die Prinzipien der Benediktiner demonstrieren, dass erfolgreiche Empowerment-Strategien nicht zwingend von modernen Managementmethoden abhängen, sondern auf grundlegenden Prinzipien menschlicher Zusammenarbeit beruhen. Diese grundlegenden Prinzipien sind auch heute noch relevant für erfolgreiches Empowerment und zeigen den Weg zu einer effektiveren und motivierenderen Arbeitswelt. Die Einstellung von „Jeder hat (aus seiner Sicht) Recht und ist auch gleich viel wert“ verschafft dann auch eine große natürliche Autorität. Das ist das Gegenteil dessen, was man auch heute noch in vielen Organisationen erleben kann: das „Hochdienen“ zu größeren Privilegien, was sich dann in persönlichen Parkplätzen, Eckbüros etc. widerspiegelt.
Moderne Führung
In der modernen Führung sehen wir Partizipation als eine der wichtigsten Säulen, die sich aus der Kraft der kollektiven Intelligenz speist. Empowerment bedeutet, dass Manager das übergeordnete Ziel definieren (ggf. nach Beratung mit allen), während die Mitarbeitenden selbst entscheiden, wie sie dieses Ziel erreichen. Allerdings lässt sich Empowerment nicht einfach anordnen. Es ist ein Prozess, der aktiv gestaltet und gelebt werden muss. Die nächsten Abschnitte beleuchten die typischen Herausforderungen und bieten praktische Lösungsansätze.
Die Einladung muss explizit und unmissverständlich angenommen werden
Empowerment ist keine Anordnung, sondern eine Einladung – eine Einladung zum Mitgestalten, quasi eine Einladung zum Tanz. Damit diese Einladung angenommen wird, muss sie ausdrücklich ausgesprochen und unmissverständlich angenommen werden. Frage Dein Team daher gezielt, ob es die Übertragung von Verantwortung übernimmt. Nur so vermeidest Du Missverständnisse und stellst sicher, dass „die Staffelstab-Übergabe“ geklappt hat.
Und dann gibt es drei Perspektiven, die zwischen den beiden Parteien funktionieren müssen. Die Eingeladenen müssen wollen, können und dürfen.
Das Wollen: Sinnstiften durch Transparenz
Die Quelle des Wollens liegt vorrangig darin, ob die Eingeladenen einen Sinn in der zu erledigenden Aufgabe sehen. Transparenz ist daher entscheidend: Erkläre klar, warum ein Ergebnis wichtig ist, wozu es beiträgt und welchen Wert es hat. Achte darauf, dass das Ziel auch für die Mitarbeitenden relevant und motivierend formuliert ist. Beispiel: Statt nur Umsatzsteigerungen anzufordern, solltest Du die positiven Auswirkungen für die Mitarbeitenden (z.B. Arbeitsplatzsicherheit, Erfolgserlebnis), Kunden (z.B. bessere Angebote für deren Kunden) und die Gesellschaft (z.B. Gewerbesteuer) hervorheben. Wichtig ist auch, eine ausreichende Menge an Hintergrundinformationen mitzuliefern. Wenn die zweizeilige E-Mail der Führungskraft – während einem Meeting geschrieben – nur 10% des Bildes transportiert, das die Führungskraft im Kopf hat, können die Mitarbeitenden die restlichen 90% bei aller Eigenverantwortung nicht „sehen“ und Gedankenlesen und der ganze, oft wichtige Kontext bleibt unklar.
Das Können: Kompetenzen fördern durch gezielte Unterstützung und Feedback
Für eigenverantwortliches Handeln sind entsprechende Fähigkeiten und Kompetenzen notwendig. Fehlen diese, müssen sie aufgebaut oder zumindest begleitend entwickelt werden. Regelmäßiges Feedback ist dabei entscheidend. Lasse Deine Mitarbeitenden nicht mit der Aufgabe alleine zurück, sondern unterstütze sie durch regelmäßige und konstruktive Rückmeldungen – ohne deren Zwischenergebnisse jedes Mal und ohne Dialog durch eigene Ideen zu ersetzen. Kurze Feedbackzyklen fördern den Lernerfolg und verhindern Frustration. Die Mitarbeitenden lange allein zu lassen und am Ende mit dem Ergebnis nicht zufrieden zu sein, ist nicht nur für die Betroffenen frustrierend, sondern auch ineffizient wegen der vergeudeten Zeit. Auch aus diesem Effizienzgrund ist Lernen durch kurze Feedbackzyklen wichtig. Und ganz nebenbei: Ein Feedback ist etwas anderes als eine Rüge.
Das Dürfen: Vertrauen schenken und Autonomie ermöglichen
„Gesagt hat die Führungskraft schon, dass wir das eigenverantwortlich machen dürfen, aber geglaubt haben wir es nicht.“
Glaubwürdiges Empowerment bedeutet mehr als nur Worte. Weiterhin praktiziertes Mikromanagement und ständige Kontrolle widersprechen der Idee von Eigenverantwortung.
Damit das mit der Autonomie funktioniert, ist ein hilfreicher Umgang mit der Diversity notwendig. Schaffe eine Kultur des Vertrauens, in der verschiedene Perspektiven geschätzt werden.
Dazu gehört zuerst die Erkenntnis, dass man nicht als Einziger gute oder gar die besten Ideen hat, sondern andere Menschen mit etwas anderen Lebenswirklichkeiten und Perspektiven andere, ebenfalls gute Ideen haben können. Und aus einer (philosophisch schwierigen) objektiven Perspektive können die anderen Ideen sogar besser sein als die eigenen, die man nur subjektiv für die besseren hält. Ein Vorstand eines großen Kunden sagte mal: „Es bedurfte bei uns viel Kulturveränderung anzuerkennen, dass es auch außerhalb <unsere Stadt> intelligentes Leben gibt.“ In aller Regel sind also die gemeinsamen Entscheidungen mehrerer, möglichst unterschiedlicher Experten besser als die eines Einzelnen. Und das Risiko völlig danebenzuliegen, ist erheblich kleiner.
Zur Autonomie gehört auch, dass man als Mitarbeitende tatsächlich Verantwortung übernimmt. Es gilt also, sich nicht nur im gewährten Empowerment zu sonnen und doch wieder wegen jeder kleinsten Kleinigkeit, um Erlaubnis zu fragen. Es geht darum, tatsächlich die Führung über den Prozess oder vielleicht sogar ein Team zu übernehmen. Und akzeptiere gleichzeitig, dass nicht jeder Mitarbeitende Führungsverantwortung übernehmen möchte oder kann – selbst die, die du für geeignet hältst. Fokussiere Dich auf die Stärke jedes Einzelnen und ermögliche sinnvolle Autonomie.
Wenn also alle diese Zutaten für ein gelingendes Empowerment sichergestellt sind, steht einer heißen Sohle auf dem Tanzboden nichts mehr im Weg. Let´s Dance!
Die Bedeutung für unsere Beratungsarbeit
Wir unterstützen Unternehmen dabei, ihre Mitarbeitenden zu stärken und ihre Organisationsstrukturen und -prozesse zu optimieren. Dabei geht es nicht um Macht, sondern um die sinnvolle Verteilung von Verantwortung. Wir helfen, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit alle Mitarbeitenden ihr volles Potenzial entfalten können. Denn Menschen wollen, können und dürfen Verantwortung übernehmen! Wir sind davon überzeugt, dass Systeme mit verteilter Autorität und kollektiver Intelligenz zu deutlich mehr Wirkung und Erfolg führen.
Die Einbindung aller Mitarbeitenden (oder zumindest möglichst vieler zur Abbildung der Diversität) ist in unserer Arbeit stets eine valide und wichtige Option.
Wie man sieht, sind die alten Regeln bei einer Übersetzung in unsere aktuelle Welt und unseren heutigen Sprachgebrauch so aktuell wie nie. Sie sind eine zukunftsgerichtete Orientierung für eine Gesellschaft, in der wir gerne leben wollen.
Empowerment ist kein Selbstläufer, sondern erfordert bewusstes Handeln und Implementieren, von allen. Wenn Du die Prinzipien von „Wollen“, „Können“ und „Dürfen“ umsetzt, kannst Du Dein Team nachhaltig stärken und den Erfolg Deines Unternehmens steigern.
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