Ziehe bei starken Veränderungen die Weisheit der Vielen einer Expertenmeinung vor.
„Oft wird von der Weisheit der Vielen oder auch von der kollektiven Intelligenz gesprochen. Ich habe aber das Gefühl, dass es eher das Gegenteil, die kollektive Dummheit gibt.“
Dieser häufig gehörte Eröffnungssatz in Diskussionen mag verständlich erscheinen, wenn jemand die Nachrichten verfolgt. Allerdings beruht er auf einem Missverständnis. Nur weil viele Menschen gleichzeitig etwas tun oder denken, sehen wir dort nicht automatisch auch Effekte kollektiver Intelligenz. Wenn man aber vier Erfolgsfaktoren sicherstellt, dann entfaltet sie sich von ganz allein. Die Frage ist also: Warum ist in Günther Jauchs Sendung „Wer wird Millionär“ das gesamte Publikum der wertvollste Joker?
Die Weisheit der Vielen bei den Benediktinern
In der Regel der Benediktiner gibt es mehrere Hinweise, die zeigen, dass dem Gründer die kollektive Intelligenz sehr wichtig war, ohne diese Effekte explizit als solche zu bezeichnen. Speziell im Kapitel 3 regelt er viele Aspekte rund um Entscheidungsprozesse unter der Überschrift „Die Einberufung der Brüder zum Rat (RB 3). „Sooft etwas Wichtiges im Kloster zu behandeln ist, soll der Abt die ganze Gemeinschaft zusammenrufen und selbst darlegen, worum es geht.“ (RB 3.1). „Er (der Abt) soll den Rat der Brüder anhören und dann mit sich selbst zu Rate gehen. Was er für zuträglicher hält, das tue er.“ (RB 3.2). Mit der Regel „Tu alles mit Rat, dann brauchst du nach der Tat nichts zu bereuen.“ (RB 3.13) zeigt sich, dass Benedikt Entscheidungen auf der Grundlage der Vielen bereits als den einsamen Entscheidungen überlegen verstanden hat. „Dass aber alle zur Beratung zu rufen seien, haben wir deshalb gesagt, weil der Herr oft einem Jüngeren offenbart, was das Bessere ist.“ (RB 3.3) ist auch ein Hinweis, Andersartigkeit nicht als Anderswertigkeit zu verstehen, sondern als Bereicherung durch Vielfalt. Dazu passt auch im Kapitel 63 über „Die Rangordnung in der Gemeinschaft“ die Regel: „Die Jüngeren sollen also die Älteren ehren und die Älteren die Jüngeren lieben (RB 63,10)“.
Praxisbeispiele erlebbarer kollektiver Intelligenz
Bevor wir uns mit dem Thema als bewusst eingesetztes Instrument moderner Führung beschäftigen, sollen hier einige Beispiele erklärt werden, an denen man das Prinzip der kollektiven Intelligenz sehen kann oder konnte, ohne dass es in dem jeweiligen Kontext zwingend so genannt wurde.
1. Beispiel: Demokratie statt Diktatur
Demokratie ist wie ein guter Eintopf: Es dauert etwas länger, bis alles gar ist, aber am Ende schmeckt es allen halbwegs – und niemand musste dabei mit dem Kochlöffel erschlagen werden. Historisch betrachtet zeigen Studien und Beispiele von Skandinavien bis Neuseeland: Demokratien liefern langfristig mehr Wohlstand, bessere Bildung, stabilere Institutionen und vor allem – weniger plötzliche Überraschungen à la „Ups, wir haben jetzt einen Palast gebaut statt eines Krankenhauses.“ Der Grund ist simpel: In einer Demokratie haben Bürger Mitspracherecht. Schlechte Regierungen können abgewählt werden, bevor sie das Land gegen die Wand fahren. In einer Diktatur dagegen gibt es oft nur einen Fahrplan – den des Chefs – und wehe, der ist falsch. Kurzfristig mag ein Autokrat schnell entscheiden können, doch ohne Kontrolle oder freie Presse fehlt der Korrekturmechanismus. Mit anderen Worten: Demokratie ist wie ein Langstreckenflug mit vielen Pilotenlizenzen an Bord. Manchmal wird gestritten, welcher Kurs der Beste ist – aber das Flugzeug kommt sicherer an.
2. Beispiel: Geschworenengerichte sind gerechter als Einzelrichter
Die Idee dahinter ist uralt: Mehr Köpfe bedeuten mehr Perspektiven. Wo ein Einzelrichter seine persönliche Erfahrung, Vorlieben (oder Abneigungen gegen Leute mit roten Socken) unbewusst einfließen lässt, gleichen zwölf Geschworene einander aus. Vorurteile verwässern, blinde Flecken werden kleiner. Studien zeigen, dass Geschworenengerichte in der Tendenz weniger extreme Urteile fällen und die Beweisaufnahme kritischer hinterfragen. Der Entscheidungsprozess mag länger dauern – und ja, manchmal ist es wie ein WG-Meeting über den Abwasch –, aber am Ende entsteht ein Urteil, das eher die Sicht der Gesellschaft widerspiegelt als die Laune einer einzelnen Person. Kurz gesagt: Bei einem Einzelrichter entscheidet ein Kopf. Bei Geschworenen zwölf. Und selbst wenn einer davon auf dem falschen Dampfer ist, fährt das Boot nicht gleich in die falsche Richtung.
3. Beispiel: Das Auffinden der USS Scorpion (SSN-589) in 1968
1968 verschwand das US-Atom-U-Boot USS Scorpion (SSN-589) spurlos im Atlantik. Die Marine wusste nur grob, wo es sein könnte – und dieser Bereich war etwa so groß wie Bayern. Statt sich blind auf einen einzelnen Experten zu verlassen, rief man ein ungewöhnliches Verfahren ins Leben: Man versammelte eine Gruppe aus U-Boot-Kommandanten, Ozeanographen, Mathematikern und Wrackbergungsspezialisten. Jeder erhielt dieselben bekannten Daten – letzte Funksprüche, Strömungen, mögliche Havarie-Szenarien – und musste unabhängig seinen wahrscheinlichsten Fundort angeben. Anschließend wurden alle Tipps mathematisch kombiniert, nach dem Prinzip der kollektiven Intelligenz: Der Durchschnitt vieler wohlüberlegter Schätzungen ist oft genauer als die beste Einzelschätzung. Das Ergebnis war verblüffend: Der errechnete „Mittelpunkt“ der Gruppe lag nur wenige hundert Meter vom tatsächlichen Wrack entfernt – in über 3.000 Metern Tiefe. Das Experiment zeigte eindrucksvoll, dass verteiltes Wissen, richtig gebündelt, komplexe Probleme schneller lösen kann als jede zentrale „Ein-Mann-Weisheit“. Viele Köpfe finden sogar ein verlorenes U-Boot.
4. Beispiel: Open-Source-Hubble-Daten beschleunigen die Wissenschaft
Als die NASA das Hubble Space Telescope startete, war es zunächst ein exklusives Werkzeug für wenige ausgewählte Teams. Doch mit der Zeit wurden große Teile der Datenbank öffentlich zugänglich – und plötzlich geschah etwas, das perfekt zur kollektiven Intelligenz passt. Forscher, Studenten, Amateurastronomen und sogar KI-Modelle weltweit konnten auf dieselben Rohdaten zugreifen. Sie kombinierten ihre Perspektiven, entwickelten neue Auswertungsmethoden und entdeckten Details, die den ursprünglichen Projektteams entgangen waren. Das Ergebnis: Mehr wissenschaftliche Veröffentlichungen, schnellere Bestätigung von Theorien und sogar völlig neue Forschungsfelder – nicht, weil ein Genie im stillen Kämmerlein alles sah, sondern weil Tausende Augen, Rechner und Gehirne gemeinsam hinschauten. Open-Source-Hubble-Daten sind damit wie ein gigantisches kosmisches Puzzle: Jeder findet vielleicht nur ein kleines Teil, aber zusammen entsteht ein Bild, das kein Einzelner jemals so schnell hätte legen können.
5. Beispiel: Beim Hurrikan Katarina in New Orleans leisten dezentral organisierte Freiwillige bessere erste Hilfe als offizielle Ersthelfer-Organisationen
Als Hurrikan Katrina 2005 New Orleans verwüstete, brachen nicht nur Deiche, sondern auch viele offizielle Einsatzstrukturen zusammen. Große Hilfsorganisationen arbeiteten zentral gesteuert, mussten Genehmigungen einholen, Befehlsketten abwarten – während Menschen vor Ort dringend Hilfe brauchten. Hier kam die kollektive Intelligenz ins Spiel: Hunderte lokal vernetzte Freiwillige organisierten sich dezentral, nutzten Handys, Walkie-Talkies, improvisierte Boote und schlicht Ortskenntnis. Ohne zentrale Befehle verteilten sie sich, fanden Verwundete schneller, teilten Ressourcen in Echtzeit und passten sich ständig neuen Situationen an. In der späteren Auswertung zeigte sich: Diese Graswurzel-Helfer leisteten 1458 % mehr erfolgreiche Erste-Hilfe-Maßnahmen als die offiziellen Strukturen im gleichen Zeitraum. Das Geheimnis lag nicht in Hightech oder Hierarchie, sondern in der Schwarmlogik: Viele Augen, viele Ohren, schnelle Kommunikation und das Vertrauen, dass jeder dort entscheidet, wo er gerade steht. Man könnte sagen: Während der „offizielle Apparat“ noch die Landkarte ausrollte, waren die Freiwilligen längst im Gelände – und retteten Leben.
6. Beispiel: Bei „Wer wird Millionär“ liegt der Publikumsjoker richtiger als der Expertenjoker
Bei „Wer wird Millionär?“ wirkt der Expertenjoker auf den ersten Blick unschlagbar: Eine einzelne, sorgfältig ausgewählte Person, meist mit beeindruckendem Fachwissen, soll die richtige Antwort kennen. Doch in der Statistik liegt dieser Joker mit 60-70% überraschend oft hinter dem Publikumsjoker mit >90%. Der Grund ist das Prinzip der kollektiven Intelligenz: Selbst wenn viele im Publikum die Antwort nur „halb“ wissen, gleichen sich Fehler und Unsicherheiten gegenseitig aus. Falsche Vermutungen gehen in der Menge unter, richtige Tendenzen summieren sich. In der Praxis bedeutet das: Fragt man 100 Menschen nach der Hauptstadt von Burkina Faso, werden vielleicht 70 „Ouagadougou“ sagen, 20 „Keine Ahnung“ und 10 „Bamako“. Das Ergebnis ist trotzdem klar – und oft richtiger als der Tipp eines Einzelnen, der vielleicht zufällig einen Blackout hat oder in einer Nische denkt. Kurz gesagt: Der Publikumsjoker ist wie ein Schwarm Spatzen – keiner fliegt perfekt, aber zusammen finden sie erstaunlich oft den richtigen Ast.
7. Beispiel: Innerhalb von drei Jahren hat Wikipedia die Encycolpedia Britannica verdrängt
Als Wikipedia 2001 startete, war es kein Angriff auf die ehrwürdige Encyclopaedia Britannica – eher ein chaotisches Experiment: Jeder durfte mitschreiben, korrigieren, erweitern. Keine strenge Redaktion, kein gedrucktes Prestige, nur die kollektive Neugier des Internets. Doch genau darin lag die Kraft der kollektiven Intelligenz: Millionen Freiwillige aus aller Welt brachten ihr Wissen ein – vom Quantenphysiker bis zur Hobbymykologin. Fehler wurden oft in Minuten korrigiert, neue Ereignisse manchmal innerhalb von Stunden dokumentiert. Während Britannica in mehrjährigen Zyklen aktualisiert wurde, wuchs Wikipedia täglich, thematisch praktisch unbegrenzt. Innerhalb von nur drei Jahren war die Online-Enzyklopädie so umfassend und aktuell, dass Britannica im Massenmarkt keine Chance mehr hatte – und sich 2012 ganz aus der Printausgabe verabschiedete. Das Ironische: Wikipedia wollte nie einen Konkurrenten „aus dem Markt drängen“. Sie tat es einfach, weil viele Köpfe zusammen schneller, breiter und günstiger Wissen aufbauten, als es jede geschlossene Expertenrunde jemals konnte.
8. Beispiel: Nach der Space Shuttle Challenger Explosion wusste die Börse nach Minuten warum
Als die Space Shuttle Challenger am 28. Januar 1986 explodierte, wusste zunächst niemand offiziell, was schiefgelaufen war. Während Expertenkommissionen sich formierten und sechs Monate aufwendiger Untersuchungen begannen, passierte an der Börse etwas Bemerkenswertes: Innerhalb von nur 20 Minuten nach der Katastrophe begannen die Aktien eines bestimmten NASA-Zulieferers – Morton Thiokol, Hersteller der Feststoffbooster – deutlich zu fallen. Händler, Analysten und Branchenkenner zogen blitzschnell Schlüsse: Wetterbedingungen, Startverlauf und technische Gerüchte deuteten auf einen Defekt in genau diesem Teil des Shuttles hin. Das ist kollektive Intelligenz in Reinform: Viele Akteure mit fragmentarischem Wissen, kombiniert mit Erfahrung und Anreiz zur schnellen Entscheidung, erzeugen ein präzises Frühsignal – lange bevor ein offizielles Gremium es bestätigen kann. Sechs Monate später kam die Rogers-Kommission zum gleichen Schluss: Ein O-Ring-Versagen in den Boostern führte zur Explosion. Die Börse hatte es praktisch in Echtzeit gewusst. Man könnte sagen: Der Markt ist kein Orakel – aber manchmal ein verdammt schneller Detektiv.
Diesen vielen beeindruckenden Beispiele bestätigen letztlich auch das Originalzitat von Friedrich Wilhelm Raiffeisen: „Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele.“ Er verwendete es als Leitspruch für die Genossenschaftsidee – die frühe, praktische Form von kollektiver Intelligenz auf dem Dorf. Und damit sind wir beim modernen Einsatz dieses wirkungsvollen Instruments im modernen Management.
Moderne Führung
Der Grund, warum wir heute ein anderes Entscheidungsverhalten benötigen, obwohl es in der Vergangenheit mit den Expertenentscheidungen doch relativ gut geklappt hat, liegt an radikal veränderten Randbedingungen. Solange früher das Spiel, das Spielfeld, die Spieler und die Spielregeln weitgehend stabil waren, konnten Experten ihr darauf basierendes Expertenwissen sehr gut anwenden und in die Zukunft extrapolieren. Das Problem ist, dass heute für ganz viele Organisationen in der heutigen VUCA-Welt das – auch umfangreiche – Vergangenheitswissen nicht mehr nützlich und manchmal sogar hinderlich ist, ein kognitives Gefängnis. „Haben wir immer schon so gemacht“ führt als Rat zunehmend in die Krise. Deshalb spielen in der modernen Führung und Organisationsentwicklung Themen wie Beteiligung, Crowdsourcing, Diversity, Beteiligung (Everybody is a Sensor) und Real Time Voting eine so große Rolle. Die 1492.org als der weltweite Experte zur Anwendung der kollektiven Intelligenz in Organisationen hat ein Modell entwickelt, sodass bei Sicherstellung von vier Erfolgsfaktoren drei typische Nutzeneffekte nahezu nicht zu verhindern sind:
Das 1492 Erfolgsmodell zur kollektiven Intelligenz
Die vier Erfolgsfaktoren
“Wer Diversität fördert, Transparenz erhöht, Autonomie gewährt und Feedback beschleunigt, kann kollektive Intelligenz nicht verhindern!”
Vielfalt / Diversity
Hier geht es um die Integration diverser Perspektiven in einen Meinungsbildungsprozess, weil unser eigener Wahrnehmungsausschnitt der Realität immer nur einen kleinen Teil der (philosophisch problematischen) tatsächlichen Realität abbildet. Andere Menschen und besonders andersartige sehen ganz andere Teile der Realität und liefern damit die notwendigen Ergänzungen zu unseren Bildern, um zu ganzheitlich besseren Lösungen zu kommen. Das Einbeziehen auch externer Geschäftspartner und Kunden in dieses Netzwerk der Sensoren sei ausdrücklich empfohlen, um auch deren Bedürfnisse zu decken und damit aus noch größerer Vielfalt (Diversity) noch mehr Verbesserungspotenzial zu realisieren. Bei großen Organisationen mit vielen Hierarchiestufen lautet der Ratschlag auch, nicht nur auf die direkt zugeordneten Manager, sondern auch auf die Basis zu hören. Lange Berichtslinien „nach oben“ verändern Berichtsinhalte manchmal in erstaunlichem Umfang, weil bei jeder Zwischenstufe nach Partikulärinteressen redaktionell „veredelt“ wird.
Transparenz
Bei der Transparenz ist es wichtig, sinnstiftende Ziele auch wirklich so zu kommunizieren, dass es alle verstehen. Einmal gesagt bedeutet nicht automatisch gehört, verstanden, akzeptiert, inspiriert. Was genau ist also das Ziel, und was sind die Rahmenbedingungen und die eindeutigen Spielregeln, wenn es welche gibt? Bei laufenden Veränderungsprozessen gehört zur Transparenz auch, möglichst in Echtzeit zu erkennen, wie es Personen und Teilorganisationen in dieser Veränderung geht, weil über diese Art der Echtzeitmessung, die Veränderungsgeschwindigkeit gut auf die Bedürfnisse und Leistungsfähigkeiten von Personen und Teilorganisationen angepasst werden kann.
Autonomie
Strenge Berichtslinien und Entscheidungsspielräume sind heute die Engstellen in den Entscheidungsprozessen. Wenn Ziele mit einer wirkungsvollen Sinnstiftung gegeben wurden, kann – statt einer intensiven Tätigkeits- und Umsetzungskontrolle – durchaus eine starke Selbstverantwortung etabliert werden. Hier sei auf unseren Artikel zum Thema Empowerment verwiesen. Beim Beispiel eines internationalisierten Unternehmens kann dabei beispielweise die Zentrale eine kooperativ entwickelte Vision und ein attraktives, strategisches Zielbild vorgeben und den Landesgesellschaften einen großen Spielraum einräumen, dezentrales Wissen auch dafür zu verwenden, auf welchem Weg man in diesem Land das Ziel bestmöglich erreicht.
Feedback
Beim Erfolgsfaktor Feedback geht es in erster Linie darum, über hochfrequente Kommunikation eine hohe Lerngeschwindigkeit der Personen und damit der Organisation sicherzustellen. Sie ahnen es: Ein Mitarbeitergespräch pro Jahr ist dazu nicht geeignet. Es geht um mehr oder weniger kontinuierliches Echtzeitfeedback, das auf umfassender Wertschätzung beruht, um damit der Autonomie ihr Potenzial zu sichern, ohne den Einfluss vollständig zu verlieren.
Die drei typischen Haupteffekte
Koordination
Durch den Einsatz kollektiver Intelligenz werden Organisationen so in „limbische Resonanz“ versetzt, dass sie ihre Handlungen in Echtzeit gleichermaßen koordiniert ausführen, wie die Fische im Schwarm ihre Richtung ändern. Die Übersetzung eines gemeinsamen Zielbildes in bereichs-spezifische Zielsysteme löst diesen Effekt beispielsweise aus.
Kooperation
Durch die hohe Vernetzung gelingt es, dass eine Organisation als Kollektiv Fähigkeiten entwickelt, welche die Individuen nicht haben, so wie die Ameisen (nur) im Kollektiv Gewässer überqueren können. Ein gutes Narrativ löst zuerst die Kooperationsbereitschaft aus und mobilisiert dann die gemeinsame Entwicklung.
Innovation
Durch hochfrequente Kommunikation wird die Innovationskraft einer Organisation maximal verstärkt. So wie die Bienen alle für die Futtersuche einsetzen, so können alle Beteiligten im Business-Ecosystem (Verbund aus Unternehmen, Kunden, Lieferanten, Partnern) für den Innovationsprozess mit eingebunden werden und nicht nur ein paar wenige Trendscouts. So wird jeder zu einem co-kreativen Sensor, und es werden viel weitreichendere Potenzialfelder gescannt und somit weniger Chancen übersehen.
Was kollektive Intelligenz nicht bedeutet:
Der Einsatz von kollektiver Intelligenz bedeutet für Führungskräfte keinen Machtverlust. In einer Automotive-Metapher würden wir sagen, das ist nicht autonomous drive sondern assisted drive. Die Führungskraft nutzt einen sehr weisen und sehr umsetzungsstarken, verteilten Experten an ihrer Seite.
Es ist keine Meuterei. Das Ausmaß des Empowerments, die Größe der Verantwortungsübergabe, kann und sollte auch im Rahmen eines kollektiv intelligenten Prozesses bewusst gesetzt und kann zu Beginn eben auch begrenzt werden. Gerade dieser Kulturwandel braucht einen Umgewöhnungsprozess und das Berücksichtigen des kulturellen Absprungpunktes. In einer Startphase könnte die kollektive Intelligenz sogar nur zur kreativen Vergrößerung des Lösungsraumes genutzt werden.
Es ist kein „Wünsch dir was für alle Mitarbeiter“. Über die Transparenz kann ja ein thematisches Einsatzspielfeld klar abgegrenzt werden, zum Beispiel durch die Fragestellung in einem Crowdsourcing, wodurch dann nicht ein ganz allgemeiner und völlig offener Wunschzettel bearbeitet wird.
Bedeutung für unsere Beratungsarbeit
Wir sind der Überzeugung, dass jedes Individuum in seinem direkten Umfeld wertvolle Sensorik für Ereignisse sowie deren Ursachen und Wirkungen entfaltet. In Summe entsteht daraus ein umfassendes, vielschichtiges und aktuelles Gesamtbild, das oft mehr Information und Impulse liefert als Singulär-Meinungen, wie tief sie auch gehen mögen.
Experten- und Erfahrungswissen sind vergangenheitsbezogen und hervorragend bei Entscheidungen bei gleichbleibenden Randbedingungen. Wenn sich die Bedingungen aber schnell wandeln, sind rein auf Erfahrungswissen basierende Entscheidungen nur von begrenztem Wert. Ergänzend ist es wichtig, aus einer gemeinsamen Zukunftsvorstellung heraus (z.B. durch ein attraktives Zielbild) in die Zukunft hineinzuarbeiten. Dafür schaffen und nutzen wir Möglichkeiten, die Weisheit Vieler zu erfassen und zu berücksichtigen.
Wie man sieht, sind die alten Regeln bei einer Übersetzung in unsere aktuelle Welt und unseren heutigen Sprachgebrauch so aktuell wie nie. Sie sind eine zukunftsgerichtete Orientierung für eine Gesellschaft, in der wir gerne leben wollen.
Welche Erfahrungen hast Du mit kollektiver Intelligenz gemacht? Teile gerne Deine Tipps und Herausforderungen in den Kommentaren!
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